Im Juni 1944 wird der Journalist Oskar Grossmann im französischen Lyon von Angehörigen der Gestapo ermordet. Fünf Jahre später ehrt ihn die Gemeinde Wien als Widerstandskämpfer mit der Benennung eines Hofes in der Brigittenau.
Der 1903 im böhmischen Teplitz-Schönau geborene Oskar Grossmann wächst in Wien auf und arbeitet zunächst als Postangestellter. Er schließt sich früh dem Kommunistischen Jugendverband Österreichs (KJVÖ) an und steigt dort als Mitglied der Wiener Leitung – neben den aus dem sozialdemokratischen Verband jugendlicher Arbeiter kommendenRichard Schüller und Alfred Klahr sowie den Brüdern Hugo und Erwin Zucker – in den Führungszirkel auf.
Man debattiert, man schreibt – 1925 polemisiert Grossmann in der „Roten Fahne“ scharf gegen die Sozialistische Arbeiterjugend, mit der es „politisch schon lange nach rechts bergab“ ginge. Und man agitiert. Im März 1928 wird Grossmanns Name in der Reichspost als Urheber eines an Schulen verbreiteten kommunistischen Flugzettels voll „frecher Jugendvergiftung“ genannt.
Die Häuser machen einen alten, finsteren, müden Eindruck. Sie wirken fast kasernenartig. […] Der Gemeindesozialismus ist morsch.
1930 wird Grossmann ins Zentralkomitee der KPÖ gewählt, arbeitet als Redakteur bei der Parteizeitung Rote Fahne und veröffentlicht dort als „Oskar“ kritische Sozialreportagen in der Serie „Streifzüge durch das ‚rote‘ Wien“. Vieles ist allerdings einfach nur polemisch…
Nach dem behördlichen Verbot der Roten Fahne im Juli 1933 publiziert er, wohl in Anlehnung an seinen Geburtsort, unter dem Pseudonym Alexander Schönau regelmäßig Artikel in dem ab 1935 illegal erscheinenden theoretischen Organ der KPÖ „Weg und Ziel“ sowie den in Basel ansässigen Blättern „Rundschau über Politik“, „Wirtschaft und Arbeiterbewegung“ und „Die Kommunistische Internationale“, für die er die Broschüre „Februaraufstand“ als Einzelnummer gestaltet.
Von 1932 bis 1935 gehört Grossmann als österreichischer Vertreter auch dem Exekutivkomitee der Kommunistischen Internationale an. Auf dem 1935 im Moskauer Gewerkschaftshaus abgehaltenen 7. Weltkongress der Komintern ist er einer der Delegierten. Im Abwehrkampf gegen den erstarkenden Faschismus wird die bisherige Linie radikal verändert und unter dem Begriff „Volksfront“ sollen nationale Bündnisse mit Sozialisten, Sozialdemokraten und anderen antifaschistischen, auch bürgerlich-liberalen Kräften gesucht werden.
Infolge der Februarkämpfe 1934 flieht Oskar Grossmann in die Tschechoslowakei und 1938 weiter nach Paris, wo er Chefredakteur der kommunistischen Exilzeitschrift Nouvelles d' Autriche (Österreichische Neuigkeiten) wird. Nach der Besetzung des Landes schließt er sich unter dem Tarnnamen Lucien den österreichischen Widerstandskämpfern in Südfrankreich an. Auch hier ist die Schreibmaschine seine Waffe. Für die illegal vertriebene Zeitschrift „Soldat am Mittelmeer“, die antifaschistische Agitation unter den Soldaten der Wehrmacht verbreitet, verfasst er eine Reihe von Artikeln.
Die Widerstandsgruppe belässt es allerdings nicht beim Schreiben. Am Abend des 27. Mai 1944 wird Oskar Grossmann durch eine Bombenexplosion in einem Vorort von Lyon schwer verletzt. Der Anschlag hatte Wehrmachtssoldaten gegolten. Als die Gestapo im Spital Grossmanns wahre Identität ermittelt, wird er vier Wochen nach dem Attentat verhaftet – und gilt seither als verschollen. Wahrscheinlich wurde er exekutiert oder starb an den Folgen der Misshandlungen während der Verhöre.
Im März 1945 erscheint im Mitteilungsblatt des Österreichischen Zentralkomitees für Lateinamerika in Montevideo, Urugay, ein Artikel über den „Front National Autrichien“ in Südfrankreich und ein kurzer Nachruf auf Oskar Grossmann.
Die in den Jahren 1925/26 nach Plänen von Viktor Reiter, Anton Valentin und Wilhelm Rumler errichtete Wohnhausanlage in der Brigittenauer Denisgasse 39-41 / Pappenheimgasse 4 wird 1949 nach dem Journalisten und Widerstandskämpfer Grossmannhof benannt. Im oberösterreichischen Steyr befindet sich eine Oskar-Großmann-Straße.
Literatur: Willi Weinert, „Ich möchte, daß sie Euch alle immer nahe bleiben...“ Biografien kommunistischer WiderstandskämpferInnen in Österreich, 2005.